EU-Wettbewerbsbehörden angerufen

Salesforce will Microsofts LinkedIn-Übernahme hintertreiben

01.09.2016
Der CRM-Spezialist Salesforce hat die EU-Kommission gewarnt, Microsofts geplante LinkedIn-Übernahme könne den Wettbewerb unfair beeinflussen.

Salesforce will Microsofts geplante LinkedIn-Übernahme im letzten Moment verhindern. Burke Norton, der Chefjustitiar des CRM-Spezialisten, plant die europäischen Wettbewerbsbehörden davon zu überzeugen, dass Microsofts 26,2-Milliarden-Dollar Coup die Kräfteverhältnisse im Markt unfair beeinflussen würde. EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager hatte bereits zu Jahresbeginn angekündigt, ihre Behörde werde Daten-Deals jedweder Art grundsätzlich genau prüfen.

Salesforce-Boss Mark Benioff wollte eigentlich selbst LinkedIn übernehmen. Jetzt, wo Microsoft am Zuge ist, meldet er ernsthafte wettbewerbsrechtliche Bedenken an.
Foto: Harald Weiss

Der Vorstoß von Salesforce könnte Wasser auf die Mühlen der EU-Politikerin sein. Norton sagt in einem Statement, "Microsofts angestrebt Übernahme von LinkedIn bedroht die Zukunft von Innovation und Wettbewerb. Erwirbt Microsoft LinekdIns einzigartigen Datenbestand von 450 Millionen Professionals in mehr als 200 Ländern, kann das Wettbewerbern den Zugang zu diesen Daten verbauen. Microsoft hätte dann einen unfairen Wettbewerbsvorteil."

Beziehungskrise zwischen Microsoft und Salesforce

Salesforce und Microsoft hatten 2014 eine weitreichende Partnerschaft angekündigt, doch nun tut sich ein tiefer Graben zwischen beiden Playern auf. So wollte ursprünglich auch Salesforce LinkedIn übernehmen und sich offenbar auf wettbewerbsrechtliche Risiken einlassen, musste aber gegenüber den tieferen Taschen des Rivalen kapitulieren. Seitdem hat Salesforce-Chef Mark Benioff einige Male heftig gegen Microsoft geschossen und beispielsweise angekündigt, trotz einer Azure-Partnerschaft mit Redmond in Sachen Cloud künftig enger mit Amazon Web Services kooperieren zu wollen.

Microsoft-President und Justitiar Brad Smith nahm in seiner Replik denn auch kein Blatt vor den Mund. Zum einen stehe der Deal in den USA, Kanada und Brasilien bereits unmittelbar vor der kartellrechtlichen Absegnung, zum anderen gehe es Microsoft vor allem darum, mehr Wettbewerb in den CRM-Markt zu bringen, wo Salesforce den Kunden heute als "dominanter Marktteilnehmer" sehr hohe Preise abverlange. Zuletzt hatte Microsoft mit HP Inc. einen wichtigen Salesforce-Kunden für einen Umstieg auf Dynamics 365 gewonnen - eine schmerzliche Erfahrung für Benioff.

Auch wenn die EU Microsoft grünes Licht für die LinkedIn-Übernahme erteilen würde, dürften die Wettbewerbshüter nun einen genaueren Blick auf die Konsequenzen für den Softwaremarkt werfen. Das könnte dazu führen, dass Microsoft sein Ziel, den Transfer noch in diesem Jahr abzuschließen, nicht mehr erreichen würde. Die Aufmerksamkeit der Behörden dürfte auch deshalb steigen, weil Twitter derzeit ebenfalls heiß umworben wird. Zu den Interessenten sollen neben Google, Verizon und dem Disney-Konzern auch Microsoft und Salesforce gehören.

Durststrecke im laufenden Quartal

Salesforce hatte Ende August seine Erwartungen für das am 31. Oktober endende dritte Quartal leicht zurücknehmen müssen. Daraufhin geriet der Börsenkurs deutlich unter Druck. Der Umsatz soll im dritten Jahresviertel nun zwischen 2,11 und 2,12 Milliarden Dollar liegen, der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie bei 20 bis 21 Cent. Analysten waren zuvor von 2,13 Milliarden Dollar beziehungsweise 24 Cent ausgegangen.

Benioff erwartet allerdings für das gesamte Geschäftsjahr (Ende: 31. Januar 2017) erhöhte Einnahmen von 8,23 bis 8,33 Milliarden Dollar, Analysten hatten lediglich mit 8,1 Milliarden Dollar gerechnet. Im zweiten Quartal konnte Salesforce seine Erlöse um 25 Prozent auf 2,04 Milliarden Dollar steigern und einen Gewinn von 229,6 Millionen Dollar einfahren - nach einem Verlust von 852.000 Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum. (hv)